Einspritzzeitpunkt
Heute mal etwas mit mehr praktischer Relevanz. Mit gestageter Einspritzung und sehr niedrig erwarteten Dutycycles schreit das förmlich "richtigem" Sequenzbetrieb, also einem ventilstellungsabhängigem Einspritzzeitpunkt. Das ist wohl eine Thematik für sich, und ein allgemeines Modell, was eine gute Ausgangsbasis liefert, scheint es nicht so wirklich zu geben. Im MS-Forum tummeln sich verschiedene Hypothesen und Erfahrungswerte, allerdings nichts was für meinen Fall direkt übernehmbar wäre.
Im Grundsatz wollen wir einen Einspritzzeitpunkt haben, bei dem folgendes gewährleistet sein soll:
- Gemisch soll schön homogen vermischt sein
- Möglichst wenige Benzinpfützen an den Kanalwänden
- Hohe Effizienz - wenige Verluste bei Ventilüberschneidung (unverbrannter Sprit zum Auslass raus)
- Direktes Ansprechverhalten
Zur technischen Umsetzung gibt es bei der MS 3 verschiedene Möglichkeiten für den Sequenzbetrieb, um den Zeitpunkt vorzugeben.
- EOS, End Of Squirt - Endzeitpunkt der Einspritzdauer
- MOS, Middle Of Squirt - Mitte der Einspritzung
- BOS, Beginning Of Squirt - Start der Einspritzung
Wie ich das bisher erfasse gibt es 2 große "Philosophien" was der beste Ausgangspunkt zu sein scheint.
-Eine besagt, dass man dem Benzin möglichst viel Zeit geben soll, um sich bereits im Ansaugkanal mit der Luft vermischen zu können. Hier wird eine Einspritzung beginnend mit
Schließung des Einlassventils durchgeführt. Da das Benzin eine Weile braucht bis zum Einlass, könnte man wohl auch noch etwas früher loslegen. BOS ist hier Mittel der Wahl.
Es scheint mir anhand Überlegungen aktuell zumindest so, als wäre das in erster Linie fürs Benzinsparen gut.
-Die andere besagt, dass man möglichst kurz vor Öffnung des Einlassventils alles reinfeuert. Hierfür ist EOS entsprechend sinnvoll.
Das hat den Vorteil, dass der Zeitpunkt zwischen Berechnung des Bedarfs an eingespritztem Sprit und tatsächlichem Einspritzen gering ist, andererseits wird sich der Sprit vermutlich aufgrund der geringen Zeitdauer bis zum Eintreffen der Druckwelle wenig absetzen können.
Als Vergleich mit dem Vergaser:
Kommt die Unterdruckwelle an, wird Benzin herausgezogen, verwirbelt, und in den Motor gesaugt. Wenn man will, ist das vergleichbar mit einem vollsequenziellen Einspritzvorgang, bei dem eine kurze Zeit nach Öffnen des Einlassventils das Benzin zugeführt wird.
Warum macht man das mit einer Einspritzung nicht?
-> Es scheint der Konsens zu sein, dass man damit offenbar vergleichsweise viel Sprit verbraucht, ohne nennswerte Vorteile zu erzielen. Ebenso wird davor gewarnt, dass man damit Gemisch zwischen Zyklen verschleppt, und damit bei Lastwechseln mit Nachteilen zu rechnen wäre.
Ich habs selbst bisher noch nicht ausprobiert.
Bisher war es mit halbsequenziellem Betrieb so, dass immer zweimal pro Zyklus eingespritzt wurde. Mein bisheriger Einspritzzeitpunkt war eingestellt auf konstante EOS 90°BTDC, was bei zwei Einspritzungen bedeutet, dass die eine Hälfte bis 90° eingespritzt wird, der zweite Einspritzvorgang endet bei 450°. Das hat bisher ohne Probleme funktioniert, und da Halbsequenz ohnehin als Provisorium geplant war und die Ergebnisse nur eingeschränkt übertragbar sind, hab ich das auch nicht großartig zu optimieren versucht.
Oh, ein Bild in all dem Geschreibsel. Hurra!

Anmerkung: Ja, da ist mit Absicht aktuell (pure-)AlphaN eingestellt. Da ich mit verschiedenen Map-Messmethoden experimentieren werde, brauche ich provisorisch einen vom Map-Sensor komplett unabhängigen Algorithmus. Zudem besteht bei der MS3 die Möglichkeit einen Failsafe-Modus zu nutzen. Falls z.B. ein Drucksensor ausfällt kann man immer noch rückfallen auf eine AlphaN-Map, die aber auch erstmal entsprechend erstellt werden muss. Da die nur grob passen muss, konnte ich die aus den bisher gesammelten Daten recht einfach extrapolieren.
Ok, ich brauch also eine Basis-Tabelle für den Einspritzzeitpunkt.
Nach stundenlangem Wälzen von zig Forenthreads und Einlesen in ein paar einfache Modelle bin ich zum Schluss gekommen, als Ausgangsbasis die Methode mit dem Reinfeuern kurz vor Einlassbeginn zu nehmen.
Das Öffnen der Ventile lässt sich einfach im WHB nachlesen, da die Steuerzeiten angegeben sind. Die P scheint original bei 404°BTDC den Einlass zu öffnen. Rein logisch gedacht ist das also bei niedriger Drehzahl der Einspritzzeitpunkt, plus kleinen Sicherheitspuffer. Eines der Excel-Tabellentools welches ich gefunden habe kann mit ein paar Daten eine Basistabelle generieren. Die gelieferten Daten stimmen mit meinen Überlegungen großteils überein, und nach Abänderung von ein paar Details (ich verwende erstmal die bewährten 450° als obere Grenze) wird das also die Basis-Tabelle. Wenn die Kiste ordentlich läuft, wird der Leerlauf abgestimmt auf den optimalen Einspritzzeitpunkt. Das wird dann entsprechend der neue Basiswert, und mit ein paar weiteren Datenpunkten bei fotschreitender Entwicklung sollte sich das ordentlich interpolieren lassen.
Noch keine Ahnung wie das für die Showerdüsen werden soll. Habe da erstmal die gleiche Tabelle genommen.
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Und jetzt wird das ganze noch etwas komplizierter.
Zum einen gibt es aufgrund der Unterdruckwellen im Ansaugtrakt entsprechende Probleme, den Differenzdruck Pumpe-Ansaugkanal konstant zu halten, also dafür zu sorgen, dass der Benzindruck immer etwa 3bar über dem Druck im Ansaugkanal liegt. Liefert die Pumpe 3bar über Umgebungsdruck, sind das bei 1bar entsprechend 4bar Absolutdruck. Sind die Drosselklappen auf, herrscht im Ansaugkanal auch etwa Umgebungsdruck (1bar hier). Bei geschlossenen Klappen kann das drehzahlabhängig aber auch mal unter 0,2bar sein, womit der Differenzdruck dann entsprechend 3,8bar wäre!
Durch den größeren Druckunterschiede wird bei gleicher Einspritzdauer mehr eingespritzt.
Verkompliziert wird das ganze noch weiterhin dadurch, dass die Totzeiten der Injektoren ebenfalls vom Differenzdruck abhängen. Wenn man eine große Pulsdauer hat, die Totzeiten also nur ein geringer Teil der Gesamtdauer sind, macht das wenig aus. In meinem Fall ist der Anteil aber nicht vernachlässigbar, und schon gar nicht bei niedriger Last - und dort sind die Druckschwankungen im Ansaugkanal auch noch besonders ausgeprägt.
Hier beispielsweise ein paar Druckverläufe einer CBR600RR im Leerlauf. Ich hab selbst diesbezüglich leider noch keine Daten über die Zeit aufgetragen gesammelt. Mit dem Mikrocontroller-Management der Ansaugdrucksensoren werde ich sowas aber auch direkt an meinem Motor nehmen können.
http://www.synchromap.com/Four_MAP_Signals.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;
Es gibt bei Benzindruckreglern für solche Sachen die Unterdruckleitung zum Ansaugkanal hin, wodurch das Benzindruckdifferential theoretisch konstant gehalten wird. In der Praxis sieht das bei Einzeldrosselklappen aber nicht so toll aus. Es ist notwendig, alle Ansaugkanäle zu koppeln, da man sonst nur die Kurve eines einzelnen Zylinders nimmt. Das Problem hierbei ist, dass das Signal stark geglättet wird, und das Signal besonders im Niedriglast einen zu geringen Druckabfall über die Drosselklappe suggeriert, da über die Parallelschaltung quasi Falschluft gezogen werden kann.
Das offensichtliche Problem ist aber viel mehr, dass die aktuelle Druckdifferenz während des Einspritzvorganges wichtig ist. Wird z.B. kurz vor Öffnungs des Einlassventils eingespritzt, herrscht annähernd Airbox-/Umgebungsdruck im Ansaugkanal. Der Regler würde aber trotzdem den Druck senken, da er ja mehr oder weniger einen Mittelwert misst. Bei Innentankpumpen ist meist auch keine Kompensation vorgesehen und der Schlauchanschluss fehlt gänzlich, der Druck wird gegenüber dem Umgebungsdruck bzw. Tankinnnedruck (annähernd Umgebung) geregelt. Auch hier denke ich, dass das Timing auf maximalen EOS vorteilhaft sein dürfte, da damit die Druckdifferenz im Leerlauf vermutlich am konstantesten und niedrigsten gehalten wird (niedriger Benzindruck = lange Einspritzdauer = feinere Steuerbarkeit).
Den Showerdüsen ist das zum Glück alles egal. Die werden nur bei hoher Last zum Einsatz kommen und sitzen auch ohnehin nicht direkt im Ansaugkanal. Außer im Bereich des Staging-Übergangs kriegen die dann ohnehin nur verhältnismäßig große Pulsweiten zu sehen.