Gutachten, Genehmigungen und ihre Unterschiede

Hier dreht sich alles um bauliche Veränderungen, technische Abnahmen, ABEs, Gutachten, einzuhaltende Vorschriften, etc.
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Tie
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Gutachten, Genehmigungen und ihre Unterschiede

Beitrag von Tie »

Die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE)
Die ABE wird meist bei problemlos zu montierenden, universellen Austausch- und Tuningteilen wie Stahlflex-Bremsleitungen, Bremsbelägen und -scheiben, Windschildern, Radabdeckungen etc. mitgeliefert. Damit können diese Teile auf den in der ABE freigegebenen Fahrzeugtypen montiert werden und müssen danach nicht durch einen aaSoP/PI begutachtet werden. Allerdings müssen die ABE-Papiere stets als Nachweis der Zulässigkeit mitgeführt werden.
Hierbei gibt es aber auch Ausnahmen, so dass trotz ABE eine Abnahme nach § 19(2) oder §19(3) StVZO nötig sein kann. Es müssen alle Auflagen der ABE eingehalten werden! Bei diesen Auflagen steht dann auch manchmal, dass eine Änderungsabnahme unter bestimmten Bedingungen dennoch unverzüglich zu erfolgen hat. Hat man keinen Bock darauf für 5 Teile jeweils 20 Seiten Papier mitzuschleppen, kann man diese selbstverständlich per Änderungsabnahme (§19.3) in den Fahrzeugschein eintragen lassen.

Die Allgemeine Bauartgenehmigung (ABG)
Teile wie beispielsweise Scheinwerfer müssen eine Allgemeine Bauartgenehmigung (ABG) besitzen, den Verwendungszweck erfüllen und eine Identifikationskennzeichnung aufweisen. Die Erfordernis einer Eintragung ist der meist mitzuführenden Bescheinigung zu entnehmen.

Die EG-Betriebserlaubnis, E-Nummer/-Prüfzeichen
Die EG-Betriebserlaubnis entspricht weitgehend der ABE, ist aber für den gesamten EU-Raum gültig. Bei Teilen, die mit EG-Betriebserlaubnis verkauft werden, muß das Fahrzeug nicht beim TÜV vorgeführt werden. Die EG-Genehmigungsnummer besitzt Urkundenstatus und kennzeichnen bereits für sich eine Zulässigkeit im Straßenverkehr. Weitere Papiere sind nicht erforderlich, wenn vorhanden jedoch sinnvoller Weise mitzuführen oder zumindest für den Fall der Fälle aufzubewahren.

Liste der Herstellerland-Kennzahlen:
1 Deutschland
2 Frankreich
3 Italien
4 Niederlande
5 Schweden
6 Belgien
7 Ungarn
8 Tschechien
9 Spanien
10 ehemaliges Jugoslawien; jetzt Serbien-Montenegro
11 Großbritannien
12 Österreich
13 Luxemburg
14 Schweiz
15 ehemalige DDR; Nummer gestrichen, evtl. Bauteile jetzt E1 Deutschland
16 Norwegen
17 Finnland
18 Dänemark
19 Rumänien
20 Polen
21 Portugal
22 Russische Föderation
23 Griechenland
24 Irland
25 Kroatien
26 Slowenien
27 Slowakei
28 Weißrussland
29 Estland
31 Bosnien und Herzegowina
32 Lettland
37 Türkei
40 Mazedonien
42 Europäische Union
43 Japan

Das Teilegutachten (TGA) und damit verbunden die Anbauabnahme nach StVZO §19 Abs.3
Das Teilegutachten ist ein Gutachten, welches von einem Prüfinstitut nach festgelegten Kriterien und Inhalten angefertigt wurde. Das Prüfinstitut muss von der Genehmigungsbehörde (bei uns das KBA in Flensburg) für diese Aufgabe akkreditiert (anerkannt und berechtigt) und der Hersteller nach DIN-ISO 9000 zertifiziert (regelmässig überprüft) sein. Ist dies (altersbedingt) nicht mehr der Fall, können diese Gutachten zurückgezogen werden, was den PI an einer Eintragung hindern kann und dann eine Abnahme bei der TP nach §19.2 bzw. §21 erforderlich macht. (Sehr selten!!!)
Im Teilegutachten wird sowohl das Teil, als auch der Verwendungsbereich beschrieben; zusätzlich sind evtl. Änderungen/Auflagen darin vermerkt.
Sind die Austauschteile mit Teilegutachten ausgeliefert, hat immer eine Anbauabnahme nach StVZO §19 Abs.3. zu erfolgen. Diese Anbauabnahme kann bei allen Überwachungsorganisationen ÜO (FKÜ, KÜS; GTÜ, Dekra, etc.) sowie den technischen Prüfstellen durchgeführt werden . Dabei wird der korrekte Anbau der Teile und die Einhaltung der damit eventuell verbundenen Auflagen kontrolliert. (TP`s sind in den alten Bundesländern die TÜV´s und in den neuen Bundesländern die DEKRA)

Nach erfolgreicher Anbauabnahme wird ein Datenblatt ausgefüllt (nach StVZO §19 Abs.4) was den bestimmungsgemässen Anbau bescheinigt. Diese Bescheinigung muss immer mitgeführt werden. Die Änderungen werden - bei richtig ausgefüllter Bescheinigung - erst bei nächster Gelegenheit (Umzug, Namensänderung etc.) durch die Zulassungsbehörde in den Brief übernommen. Sind steuer- oder versicherungsrelevante Änderungen vorhanden (Fahrzeugart, Leistung, Emissionsklasse, etc.) ist eine sofortige Änderung erforderlich und auf dem Abnahmebericht vermerkt!
Ab 1.10.2005 werden die Briefe und Scheine bei Befassung der Papiere durch die Zulassungsbehörden gegen die neuen Zulassungsbescheinigungen Teil 1 und 2 ersetzt.

Bei Anbauabnahme von mehrerer Teile kann es vorkommen, dass die Teile sich gegenseitig beeinflussen (können), z.B. kleineres Lenkrad und andere Rad-Reifenkombination; hier kann eine Anbauabnahme evtl. nicht mehr durchgeführt werden, wenn keine entsprechenden Hinweise in den TGA genannt sind oder sich Änderungen gegenseitig beeinflussen. (z.B.: andere Bremse mit anderen Felgen mit Spurplatten)
Dann muss eine Abnahme nach StVZO §19 Abs. 2 erfolgen.

Umfassendere Änderungen und Eintragung nach StVZO §19 Abs. 2 („Einzelabnahme light“)
Unter diesen "Sammelbegriff" fällt alles andere was das Erlöschen der Betriebserlaubnis betrifft. Einzelabnahmen können nur bei den TP´s durchgeführt werden. Angefangen bei Fahrzeugteilen, die zwar ein TGA haben, aber der Verwendungsbereich nicht eingehalten wird, oder eine Kombination verschiedener Fahrzeigteile mit TGA die sich gegenseitig beeinflussen.

Hierbei wird alles in dem vorliegenden Einzelfall geprüft und im Brief eingetragen. Die Betriebserlaubnis erteilt dann die zuständige Zulassungsbehörde, indem die technischen Daten in den Fahrzeugschein übertragen werden . Ab 1.10.2005 wird nur noch ein Datenblatt erstellt, mit dem die Zulassungsbehörden die Technischen Daten in die Zulassungsbescheinigung Teil 1 übernimmt.

Erlangung der BE nach §21 (Einzelabnahme, Vollabnahme)
§21 umfasst Vollabnahmen für Fahrzeuge zwecks Erteilung einer Betriebserlaubnis bzw. der Ausgabe eines neues Fahrzeugbriefes (z.B. bei Verlust der Zulassung oder Importfahrzeugen ohne Fahrzeugbrief), Änderungsabnahmen für Teile für die kein Gutachten o.ä. existiert (Eigenbauteile,US Felgen ect.), was aber nicht heißen soll, das man sich etwas "bastelt" und dann problemlos eingetragen bekommt. Schließlich unterschreibt der aaS persönlich für das ganze Fahrzeug, egal, was vorher gemacht wurde.
Daher ist es dringend angeraten bereits VOR Beginn der Umbauten ein Informationsgespräch mit einem aaSoP zu führen, um abzuklären wie die Umbauten durchzuführen sind, um sie dann bei der gleichen Person zur Abnahme vorzuführen. Hinterher nachzubessern kostet u.U. völlig unnötig Zeit und weiteres Geld!

Prüfberichte oder Technische Berichte
Es gibt auch Prüfberichte oder Technische Berichte, in welchen der Gutachter( ein aaS) bescheinigt, dass die Betriebserlaubnis nach § 19(2) nicht erlischt, wenn Anbauanweisung, Auflagen und Verwendungszweck eingehalten werden.
Diese Berichte sind zwischenzeitlich ausgestorben, betreffen meistens ältere Fahrzeuge bzw. Fahrzeugteile und erfordern eine Einzelabnahme nach §21!

Unbedenklichkeitsbescheinigungen
Gerade im Zweiradbereich gilt noch die Reifenmarkenbindung, wenn sie der Hersteller vorschreibt. Die Reifen werden aber nach ein paar Jahren nicht mehr produziert, sondern durch "Nachfolgemodelle" ersetzt, welche dann eine andere Bezeichnung haben, die in den Fahrzeugpapieren nicht vermerkt sind..
Viele Hersteller geben sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigungen (Reifenfreigaben) heraus, die auch im Internet heruntergeladen und ausgedruckt werden können. Damit ist dann keine Abnahme erforderlich, diese Freigabe muss aber ständig mitgeführt werden.
Neuester Stand: Auch eine Änderung der Reifengrößen sind hiermit möglich - OHNE EINTRAGUNG!
ACHTUNG: Im Internet sind immer mehr gefakete Freigaben im Umlauf! Daher immer bei den Reifenherstellern selbst nachsehen oder den Reifenhändler dieses Papier abstempeln lassen!
Ein nicht freigegebener Reifen führt zum Erlöschen der BE und u.U. des Versicherungsschutzes!!!

Abkürzungen:
aaS = amtlich anerkannter Sachverständiger
aaSoP = amtlich anerkannter Sachverständiger oder Prüfer
PI = Prüfingenieur
Woher soll ich wissen was ich denke, wenn ich nicht lese, was ich schreibe?

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Grammatik gelernt bei Yoda Du hast???

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