Ventilführungen selber auffrischen

Alles über die Technik der originalen 750er Motoren
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Parodius4
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Ventilführungen selber auffrischen

Beitrag von Parodius4 »

Hallo,

Aufgeweitete Ventilführungen wieder auf Sollmaß bringen

Benötigt:
-Gewindeformer M5 (mit möglichst langem Anschnitt, Form C ist ok)
-Reibahle 4,5H7 oder original Kawasaki Ahle
-Bohrer 6 oder 8mm
-Gewindebohrer Ratsche lang oder Windeisen
-Schneidöl
-(feiner flacher Schleifstein, zb Arkansas)
20220929_182723.jpg


Zuerst die Führung an der Kanalseite mit dem Bohrer leicht angefast, dann entsteht dort kein Grat. Dann den Former gut geschmiert so gerade wie möglich angesetzt und eingedreht. Das geht mit der langen Ratsche sehr gerade, der Rest zieht sich selber.
20220929_190433.jpg

Ich habe soweit geformt, dass eine M5 Schraube leicht gute 5 Umdrehungen rein geht. Der Former nimmt kein Material weg, nur etwas Metallstaub ist im Öl.


Reibahle mittels Laufenlassen in der Fräse (oder Bohrmaschine) und feinem Schleifstein von 4,512 auf etwa 4,495 bis 4,5 verkleinert. Genauer als 0,5/100 kann ich nicht messen.
Hat man die original Kawasaki Ahle, kann man die natürlich auch so nehmen.

Jetzt mit der Ahle von der Nockenwellenseite her die Führung komplett durchgerieben und die Ahle nach unten hin raus. Von der restlichen Führung wird nichts abgenommen, es wird nur exakt durch diese geführt. Ist die Führung an beiden Seiten geweitet, kann man jetzt alles noch mal von der anderen seite machen.
Das Ventil hat jetzt nur noch das gerade notwendige Spiel. Fühlt sich sehr gut an, läuft leicht und satt.

Bei mir waren die Auslassführungen nur am Ende zum Kanal hin im mittleren Toleranzbereich geweitet, etwa auf 4,54. Und zwar stärker in Längsrichtung, wahrscheinlich durch die Schlepphebel. Also eigentlich noch gut in der Toleranz bis 4,58. Den Kippeltest von dem Profi Frank hier aus dem Forum haben sie aber nicht mehr so eindeutig bestanden, daher habe ich das an meinem Ersatzzylinderkopf mal probiert.


Zum Ergebnis
Über Dauerhaltbarkeit kann ich noch nichts sagen, aber dieses Prinzip ist bei Amitunern gängige Praxis.
Die Ventile waren vorher gut passend geläppt und passen immer noch. Die Flucht der Ventile wurde also nicht geändert.
Nach dem Reiben ist nur eine leichte Gewinderille zu sehen, der Traganteil der neuen Fläche ist deutlich über 50%, eher so 75%.
20220929_183015.jpg
Habe vor, den Ersatzmotor wieder voll aufzubauen und werde diesen Kopf nehmen, zumindest zum Testen.

Das könnte eine weitere Möglichkeit auftun, wirtschaftlich eigentlich fertige Köpfe und Motoren selber noch mal gut hin zu bekommen, da 16 Führungen ohne Einbau schon mehr kosten als ein Austauschmotor.

Viele Grüße

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Windy-ZXR
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Re: Ventilführungen selber auffrischen

Beitrag von Windy-ZXR »

guten morgen :mrgreen: ,
herzlichen dank für den tollen betricht mit den anschaulichen bildern. auch wenn es nicht mein weg ist, finde ich es schön, dass du dir die zeit nimmst, um uns diese methode näher zu bringen.
wie sagte doch ein bekannter sportler...."again what learned :thumpsup:
gruß
windy
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Super Rider
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Re: Ventilführungen selber auffrischen

Beitrag von Super Rider »

wäre jetzt zwar auch nicht mein Weg gewesen, aber dennoch ein interessanter Ansatz - man weiß ja nie..
interessant wäre in diesem Zshg. auch, wie gut/lange das Ganze dann hält.
-da wäre halt noch die Frage, ob diese Gewinderille nicht zu viel durchlässt.

Ich glaube, vor gut nem halben - oder ganzen - Jahrzehnt, bot hier mal jmd. mal selbst gemachte Ventilführungen an,
welche von einem "Dreherkumpel" (oder so ähnlich) stammten, die der Mensch damals bei auch bei sich wohl verbauen ließ.
(wie es dann ausgegangen ist, bleibt aber ungewiss)
Wie dem auch sei, selber machen ist auf jeden Fall kein Hexenwerk, und die Legierung ist dann auch kein Unobtanium.

In manchen ausl. Videos/Foren - in Ländern, wo die Echtzeit-Ersatzteilversorgung nicht immer möglich ist - oder aber die entspr. Teile
gar nicht erst (mehr) beschaffbar sind, oder wenn, dann (wie in diesem Fall) nur zu prohibitiven Preisen und daher, angesichts der gesamten Aufgabe,
in keinem vernünftigen Verhältnis mehr stehen, andere Wege gesucht und gefunden werden müssen, gibt es oft sehr inetressante Lösungen.

Zuerst wird natürlich versucht, einen direkt passenden Ersatz zu finden - aftermarket Teile halbwegs bekannter Hersteller (~Athena, ...),
chinesicher Teilenachmach-Anbieter auf div. Plattformen, usw.

<<
Ich hatte mich da mal so wg. KW- und Pleuellagern mal auf die Suche gemacht - für zxr400er gab's die haufenweise - kam aber quasi leer aus,
da die wenn, dann Muster von allen Teilen -in China- gebraucht hätten, um davon Kopien anzufertigen. Auch Lager aus anderen Mopeds
recherchiert, die jedoch dann meist genauso rar waren + wer weiß, ob's dann im Detail gepasst hätte.
-ZXR750 hat da halt auch nicht allzu übliche Maße, wenn man sich so die anderen Motoren von damals bis heute anschaut.
Die Zapfendurchmesser wurden eig. durchweg alle kleiner, bei gleichen u. tlw. auch höheren Hubräumen.
Naja, KW-Lager sind halt auch ne etwas andere Dimension als div. andere Kleinteile.
>>

Was dann halt gerne gemacht wird - neben dem Drehen der Teile aus dem Vollen, ist eben die Anpassung vorhandener/leicht beschaffbarer Teile.
In manchen Fällen konnten sogar gebrauchte Führungen anderer Motoren, wo mehr Fleich dran war, zu "neuen" Führungen für den "Zielmotor" werden.
Im konkreten Fall dürfte es ja den gleichen Ventilschaftdurchmesser nicht nur bei zxr750, und auch nicht nur bei Kawa geben, so dass
auch herstellerübergreifend etwas auffindbar sein sollte. Wenn Außendurchmesser nicht ganz passend - abdrehen; und innen dann halt aufreiben.
Die restlichen Maße dann ggf. ebenfalls anpassen.
Da würde es mich überhaupt nicht wundern, wenn es da 'zich Noname chinesische Roller-/Rasenmäh-/xxx-Motoren gibt,
mit Ventilführungen mit den dafür günstigen Maßen -- und das dann auch für einen relativ kleinen Preis.

Sonst halt ja ... drehen.


1/14
(ok, Spaß)

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